Ich würde sie wahrscheinlich ablehnen, da vegan sein für mich mittlerweile v.A. Protest bedeutet: Protest gegen unsere Kultur, in der einige Tiere nur Waren sind, die man ausbeuten und verwerten darf. Da fände ich persönlich es etwas zynisch, vom Leben eines zur Ausbeutung hochgezüchteten Huhns mir selber einen Vorteil zu verschaffen, und das umgeben von einer Kultur, in der dieses Verhalten normal ist.
Für andere ist vegan Sein eher eine Form von wirtschaftlichem Boykott - also das Nicht-Kaufen von tierischen Produkten, damit man die dafür nötige Ausbeutung nicht mitfinanziert und so die Produktionsmenge und damit das verursachte Leid senkt. Wenn durch mein Verhalten also nicht mehr Leid entsteht, ist es okay. Da muss man sich dann fragen, ob und warum unter diesem Gesichtspunkt bestimmte Dinge nicht okay sind: Containerten (oder geklauten?) Käse essen; die alte Lederjacke abtragen; außnahmsweise den Hackfleisch-Rest annehmen, der sonst weggeschmissen wird; das Essen vom überfahrenen Reh, oder dem verstorbenen Opi... (Nein, ich beurteile nicht alles in dieser Liste gleich ^^)
Also, den Hennen in deinem Beispiel scheint es außergewöhnlich gut zu gehen, und Eier legen sie tatsächlich so oder so. Mir stellen sich aber trotzdem Fragen: Bekäme sonst jemand anderes die Eier, und würde dann dafür weniger Eier kaufen? Werden die Hennen auch wirklich weiter gepflegt werden, wenn sie mal keine Eier mehr legen, oder ist man nur so lange zu ihnen nett, wie sie produktiv sind? Macht es den Hennen vielleicht doch etwas aus, wenn man ihnen die Eier wegnimmt? Vermittle ich damit anderen die Botschaft, dass es allgemein okay ist, Tierprodukte zu essen (und nicht nur in diesem äußerst ungewöhnlichen Sonderfall)? Motiviere ich die Freundin dazu, sich noch weitere Hennen anzuschaffen, oder mich in Zukunft beim unveganen Essen mit einzuplanen (siehe auch: Omis und Tanten, die es "nur gut mit einem meinen" ^^)?
All das wäre mir zuviel Aufwand und zu hohes Risiko auf schlechtes Gewissen, als dass sich der mögliche Genuss für mich lohnen würde. Da wären das Fleisch einer überfahrenen Katze oder die aus dem Supermarkt-Müll geholten Käsetortellini für mich ethisch weniger ein Problem, da das alles abnormales (oder sogar als pervers empfundenes) Verhalten ist, und Leute dann eher gezwungen sind, darüber nachzudenken, als wenn ich mit am Tisch sitze und still Rührei mitesse. Leid verursacht man wohl in all diesen Fällen nicht, und ich würde niemandem dafür ungefragt kritisieren. Wenn ich eine Legehenne adoptiert hätte, wäre meine Lösung, ihre Eier wohl an unvegane Bekannte zu verschenken; vielleicht auch mit der Bitte, dafür weniger Eier zu kaufen.