Deine Frage ist nicht leicht zu beantworten, deshalb will ich nur einige meiner Gedanken dazu schreiben.
Menschen (wie auch viele nichtmenschliche Tiere) unterscheiden: Wir unterscheiden zwischen Ich & Du. Wir unterscheiden zwischen Familienmitgliedern und solchen, die es nicht sind, Angehörigen der eigenen Nation und solchen, die es nicht sind etc.
Je näher uns jemand ist, desto höher stellen wir sein Wohlergehen und über das von anderen. Dies schien uns in der Vergangenheit einen evolutionären Vorteil zu verschaffen.
Im Zuge einer immer mehr kulturellen und sozialen Evolution, technischem Fortschritt und dem wachsenden Verständnis davon, dass Interessen immer weniger konträr, sondern im Grunde immer mehr gemeinsam sind, ist der Mensch dabei den Kreis der ihm Nahestehenden fortlaufend zu erweitern.
Trotz erheblicher Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit herrscht im Wesentlichen ein politischer Konsens bei der Anerkennung von Menschenrechten. Und trotz aller Greuel kann man sagen, dass wir in den letzten Jahrhunderten große Schritte in dieser Richtung gemacht haben. Es gibt immer weniger Länder mit Todesstrafe und Folter. Sklaverei gibt es nur noch de facto und nicht de jure.
Tiere stehen mit der Anerkennung ihrer Rechte noch sehr weit am Anfang. Es ist aber eine Entwicklung spürbar, die große Ähnlichkeit hat, mit der, die Menschen unabhängig von beispielsweise Ethnie oder Geschlecht, eine Anerkennung ihrer grundlegenden Rechte verschafft hat. Wenn Tiere in manchen Punkten noch schlechter behandelt werden mögen, als Menschen es jemals wurden, dann liegt es daran, dass sie noch unähnlicher als ihre Peniger sind. Die Erkenntnis der tatsächlichen Gleichheit braucht dadurch einfach länger.
Die große gesellschaftliche Entwicklung ist in der Regel langsam, aber nachhaltig. Auf individueller Ebene kann man dieser in vielen Punkten bereits weit voraus sein, auch wenn man stets von der Gesellschaft beeinflusst wird. Dies äußert sich vor allem in blinden Flecken und Gleichgültigkeit - das Akzeptieren von etwas als normal, wie dem Tragen von Lederschuhen oder die Ausbeutung von Arbeitern in fernen Ländern.
Wenn man erst einmal einen Anstoß hat, kann man alles mögliche lernen, indem man sich damit beschäftigt, darüber liest, schreibt und mit anderen Menschen redet. Sich selbst kann man so sehr gut verändern, solange man sich zu nichts zwingt und sein Bewusstsein Schritt für Schritt erweitert (das dauert ein Leben und länger). Wer zu viel auf einmal will, wird schnell frustriert sein. Wer versucht das ganze Leid der Welt auf einmal auf seine Schultern zu laden, wird zusammenbrechen. Wer den Wunsch hat, ein bewusstes und ethisches Leben zu führen, dem empfehle ich, die eigenen Grenzen auszutesten. Wenn eine "richtige Entscheidung" unangehm ist, aber nicht zu sehr weh tut (sehr subjektiv), dann würde ich sie beibehalten, bis sie normal und nicht mehr unangenehm ist, um dann den nächsten Schritt zu gehen, der sich aufdrängt.
Falls Dinge unklar sind oder sonst was ist, frag einfach. Ich bin selbst noch überrascht, wie voll mein Kopf von Gedanken zu dem Thema ist - da kann man schon mal die Essenz aus dem Auge verlieren. :)
Vielleicht noch mal in aller Kürze (und Ungenauigkeit):
Auch Menschen wurden behandelt wie Tiere. Wir haben gemerkt, dass das falsch ist. Bezüglich Tiere ist ähnliches festzustellen. Auf individueller Ebene trainieren wir unser Verhalten ausgehend von unserem Bewusstsein. Ganz praktisch: Eine vegetarische und vegane Lebensweise bringt uns in ständigen Kontakt mit dem "was und warum". Wir beginnen das Pferd mehr als Geschöpf zu sehen, welches uns so ähnlich ist - das schafft Respekt. Wir sehen die "Wurst" immer mehr als das, was sie ist - das treibt uns weg von grausamen Verhalten.
Lieben Gruß
Lutz